Sparbedarf fürs Alter

Was Haushalte zusätzlich zur gesetzlichen Rente für den Ruhestand sparen sollten

Die gesetzliche Rente bildet für die meisten Menschen die wesentliche Einkommensquelle im Ruhestand. Zur Erreichung einer anvisierten Einkommensersatzquote von 55 Prozent reicht sie jedoch nicht mehr aus. Folglich muss privat vorgesorgt werden. Wie hoch ist der Sparbedarf in Abhängigkeit der Haushaltssituation?  

Ermittlung des Sparbedarfs

Zur Absicherung des Lebensstandards im Alter wird angenommen, dass eine Ersatzquote von 55 Prozent des Einkommens angestrebt wird. Da die gesetzliche Rente heute und in Zukunft trotz der bis auf Weiteres geplanten Stabilisierung des Rentenniveaus nicht ausreicht, dieses Niveau zu erreichen, muss zusätzlich privat und/oder betrieblich vorgesorgt werden. Dieser zusätzlich nötige Altersvorsorgebedarf kann durch Sparen und Kapitalerträge auf die Ersparnisse erwirtschaftet werden.

Der Sparbedarf bezeichnet die geldmäßige Summe, die nötig ist, um die Lücke zwischen heutiger und früherer gesetzlicher Rente zu schließen, genauer gesagt: Der Sparbedarf ist so berechnet, dass unter bestimmten Annahmen zu Spardauer und Verzinsung bei Renteneintritt die Lücke zwischen tatsächlichem Rentenniveau und einem Rentenniveau von 55 Prozent geschlossen wird. 

Zur Ermittlung des Sparbedarfs wird angenommen, dass ab dem 26. Lebensjahr regelmäßig ein bestimmter Betrag gespart und verzinslich angelegt wird und die anschließende Ruhestandsphase der ferneren Lebenserwartung bei Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze entspricht. Für die Verzinsung der Ersparnisse wird unterstellt, dass die angesparten Kapitalvermögen bis zu ihrer Auszahlung zu 85 Prozent am Rentenmarkt und zu 15 Prozent in höherverzinsliche Anlagen (hier: Aktien) investiert sind. Ausführlichere Erläuterungen zu den Annahmen finden sich in der Studie Altersvorsorgebedarf im Zeitverlauf

Der Sparbedarf hängt neben den genannten Annahmen von der Höhe des Einkommens einer Person ab. Daher wird der Sparbedarf für Personen unterschiedlicher Einkommensklassen und Haushaltstypen berechnet. Dabei ist es keineswegs so, dass ein höheres Einkommen zwangsläufig einen niedrigeren Sparbedarf bedeutet. Vielmehr ist der Zusammenhang zwischen Einkommen und Sparbedarf je nach individuellem Einkommensniveau und dessen Entwicklung unterschiedlich und damit von Person zu Person verschieden.

Selbst unter der Annahme, dass jede Person genau das bundesweite Durchschnittsentgelt verdient und jede Person den gleichen Anteil ihres Einkommens sparen müsste, wären die finanziellen Belastungen unterschiedlich, da sich die Lebenshaltungskosten, also die finanziellen Belastungen durch alltägliche Ausgaben (beispielsweise für Miete oder bestimmte Dienstleistungen), teilweise erheblich unterscheiden.

Sparbedarf nach Haushaltstypen

Zur Ermittlung des Sparbedarfs der Haushaltstypen wird das Durchschnittsalter der Haupteinkommensperson aller Haushalte zu Grunde gelegt (ohne Personen über 64 Jahre, da diese in der Regel nicht mehr aktiv fürs Alter sparen). Im Durchschnitt ist gemäß den Daten der EVS 2018 die Haupteinkommensperson 43 Jahre alt, sie wurde also im Jahr 1975 geboren. Es wird angenommen, dass die Person zwischen dem 26. Lebensjahr (ab dem Jahr 2001) und dem Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze mit 67 Jahren (im Jahr 2042) jährlich einen fixen Betrag fürs Alter spart und verzinslich anlegt. Mit Erreichen der Regelaltersgrenze beginnt die Ruhestandsphase, in der eine Einkommensersatzquote von 55 Prozent des letzten Einkommens vor Renteneintritt angestrebt wird. Die Dauer der Ruhestandsphase entspricht der ferneren Lebenserwartung bei Erreichen der Regelaltersgrenze. Der Jahrgang 1975 muss damit für einen Zeitraum von rund 22 Jahren vorsorgen.

Einkommensunterschiede prägen den Sparbedarf

Unter diesen Annahmen ergibt sich über alle Haushalte hinweg (ohne Personen über 64 Jahre) ein monatlicher Sparbedarf in Höhe von durchschnittlich 170 Euro pro Erwachsenen. Allerdings zeigt die EVS deutliche Einkommensdifferenzen je nach Haushaltstyp. So liegen die äquivalenzgewichteten Haushaltsnettoeinkommen von Paaren ohne Kinder (ohne Personen über 64 Jahre) durchschnittlich 25 Prozent über und von Alleinerziehenden durchschnittlich 32 Prozent unter dem durchschnittlichen Einkommensniveau aller Haushalte.

Diese Einkommensdifferenzen werden durch entsprechende Zu- bzw. Abschläge auf das bundesdurchschnittliche Einkommen während der Erwerbsphase berücksichtigt. Dadurch ergeben sich deutliche Abweichungen beim Sparbedarf der einzelnen Haushaltstypen. Hier kommt der Niveaueffekt der Einkommen (Kasten) zum Tragen: Je höher die Haushaltseinkommen desto mehr muss in Euro betrachtet fürs Alter gespart werden.

Einfluss des Einkommens auf den Sparbedarf

Der Einfluss des Einkommens auf den Sparbedarf hängt vom individuellen Einkommensniveau ab. Grundsätzlich bedingt ein höheres individuelles Einkommensniveau mehr Entgeltpunkte und damit eine höhere gesetzliche Rente, was den Sparbedarf zunächst reduziert. Allerdings nimmt die Rente bei steigenden Einkommen nicht proportional zu (u. a. da Entgeltpunkte und damit Renten einer Höchstgrenze unterliegen). Dadurch nimmt die Lücke zwischen individuellem Rentenniveau und dem 55-Prozent-Ziel mit steigenden Einkommen zu, was den Sparbedarf wiederum erhöht. 
Neben dem Niveau wirkt auch die zeitliche Entwicklung des individuellen Einkommens auf den Sparbedarf. Beispielsweise führt die „Karriere einer Person“, also ein über die Zeit steigendes individuelles Einkommen in Relation zum bundeseinheitlichen Einkommen, einerseits zu absolut steigenden Entgeltpunkten (bis zur Höchstgrenze). Andererseits wirkt sich eine solche Entwicklung negativ auf das Rentenniveau der Person aus, da dieses in Prozent des letzten individuellen Einkommens vor Rentenbeginn gemessen wird. Ein niedrigeres Rentenniveau erhöht die Altersvorsorgelücke und damit den Sparbedarf. Entwickeln sich individuelles und bundesdurchschnittliches Einkommen „im Gleichschritt“, so tritt dieser Effekt nicht auf. Ein hoher Sparbedarf kann also grundsätzlich durch ein niedriges Einkommensniveau und folglich eine geringe Rente und/ oder durch eine hohe Einkommensdynamik und somit eine hohe Altersvorsorgelücke resultieren.

Die interaktive Grafik zeigt die Ergebnisse nach Haushaltstypen und Einkommensklassen (Quartilen): Der Sparbedarf von Personen ohne Kind (210 Euro) liegt im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie bei Alleinerziehenden, die monatlich rund 110 Euro auf die Seite legen müssen. Der durchschnittliche Sparbetrag über alle Haushaltskonstellationen betrachtet liegt bei 170 Euro. Nach Quartilen betrachtet zeigt sich, wie der Sparbedarf mit dem Einkommen zunimmt. Im 4. Quartil liegt der monatliche Sparbedarf bei 300 Euro, im 1. Quartil bei 70 Euro.

23 degrees

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Sparbedarf nach Haushaltstypen und Einkommensklassen, monatlich in Euro pro Person, Jahrgang 1975

Einkommensstärkere Haushaltstypen müssen zur Sicherung ihres (höheren) Lebensstandards im Alter also grundsätzlich höhere Geldbeträge sparen als einkommensschwächere Haushaltstypen, sie können sich den höheren Sparbedarf infolge ihrer höheren Einkommen aber auch besser leisten. So beträgt die finanzielle Belastung durch den Sparbedarf für alle Haushaltstypen einheitlich rund 6,6 Prozent des (äquivalenzgewichteten) Haushaltsnettoeinkommens.

Die hier abgeleiteten Sparbedarfe nach Haushaltstyp müssen regelmäßig aufgewendet werden, will ein Durchschnittshaushalt mit Haupteinkommensbezieher im Durchschnittsalter von 43 Jahren seinen Lebensstandard im Sinne eines 55-Prozent-Rentenniveaus im Alter halten. Die weiteren Analysen auf Basis der EVS helfen zu bewerten, ob die Personen in unterschiedlichen Haushaltskonstellationen diesen Sparbedarf bereits heute erfüllen und inwieweit sie finanziellen Spielraum für zusätzliche Ersparnisbildung haben.

Sparpotenzial und Vorsorgelücke
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